Verleihung
der Albert Einstein-Medaille an Michel Mayor am 10.Juni
2004
Vorstellung
des Laureaten
Michel Gustave
Mayor wurde am 12. Januar 1942 als zweites Kind in Lausanne geboren. Seine
Jugendzeit verbrachte er in Aigle. Nach dem Physikstudium an der Universität
Lausanne doktorierte er 1971 an der Universität Genf unter Professor
Louis Martinet. Michel Mayor ist verheiratet und hat drei Töchter.
Seine Hobbies sind Bergtouren, Skifahren, Reisen und natürlich Astronomie!
Mit Ausnahme
von Aufenthalten am Observatorium Cambridge, an der europäischen
Südsternwarte ESO in Chile und am Observatorium Hawaii blieb er an
der Genfer Universität und am Observatorium Genf, dessen Leitung
er seit 1998 innehat. Er verfasste mehr als 300 wissenschaftliche Publikationen
und präsidierte von 1988 bis 1991 die Kommission „Structure
and dynamics of the galactic system“ der Internationalen Astronomischen
Vereinigung IAU, von 1990 bis 1992 den Wissenschaftlichen Beirat der ESO
und von 1990 bis 1993 die Schweizerische Gesellschaft für Astrophysik
und Astronomie. Er ist Mitglied der IAU-Kommission für Bioastronomie
und seit 2002 Schweizer Delegierter des ESO-Rates.
Als
Spezialist für Sternbeobachtung entwickelte er verschiedene Spektrometer,
mit denen zum ersten Mal die Veränderungen der Helligkeit eines Sterns
als Folge der Rotation eines Planeten beobachtet werden konnten. Damit
entdeckte er im Jahr 1995 zusammen mit seinem Mitarbeiter Didier Queloz
einen Planeten von der Grösse Jupiters um den Stern Pegasus 51, der
45 Lichtjahre von der Sonne entfernt ist. Die Entdeckung von Pegasus 51b
– so der Name des Planeten – wurde von der Zeitschrift „Science“
als eine der wichtigsten Entdeckungen des Jahres 1995 bezeichnet. Seither
wurden mehr als hundert weitere Kandidaten ausserhalb unseres Sonnensystems
ausgemacht, die allerdings im Gegensatz zu unseren Riesenplaneten viel
enger gezogene Umlaufbahnen aufweisen. Dass man in den letzten Jahren
so viele extrasolare Planeten gefunden hat, scheint darauf hinzuweisen,
dass die Bildung von Planeten im Universum kein ausserordentliches Ereignis
ist.
Die von Professor Mayor gemachte Entdeckung ist nicht nur für die
Astronomie von ausserordentlicher Bedeutung. Sie stellt auch die Frage
nach möglichem Vorhandensein von Leben ausserhalb unseres Sonnensystems
neu zur Diskussion. Der naturwissenschaftliche Nachweis eines Planeten,
der nicht um unsere Sonne, sondern um einen anderen Stern kreist, ist
ein revolutionärer Schritt für das Verständnis des Universums.
Trotzdem: bis es möglich wird, erdähnliche Planeten (zum Beispiel
durch spektroskopische Untersuchungen des Lichts der Planetenatmosphäre)
nachzuweisen, dürfte es noch einige Jahre dauern.
Michel
Mayor arbeitet gegenwärtig an dem neuen Spektrografen HARPS, der
am 3.6m-Teleskop der ESO installiert wird. Die Genauigkeit erlaubt den
Nachweis von extrasolaren Planeten, die bloss einige Erdmassen schwer
sind.
Verleihung
der Albert Einstein Medaille 2004
Am 10. Juni 2004 erhielt der Genfer Astrophysiker Michel Mayor die Einsteinmedaille.
Michel Mayor ist Mitentdecker von Pegasus 51b, dem ersten ausserhalb unseres
Sonnensystems gefundenen Planeten. Seine Rede mit dem Titel „The
Quest for other Earths“ handelte denn auch vom prinzipiellen Vorgehen
beim Suchen nach Exoplaneten, was man bis heute gefunden hat und von zukünftigen
Experimenten. Der Anlass fand in der Aula der Universität Bern statt.

Wird ein
Stern von einem zweiten umkreist, was für etwa 70% aller Sterne in
unserer Milchstrasse zutrifft, kann man aus der Beobachtung der Bewegung
des einen, helleren Sterns bezüglich des Hintergrunds mechanische
Grössen wie Umlaufsdauer oder Massen dieses hantelförmigen Systems
ableiten. Die Sterne drehen sich um ihren gemeinsamen Schwerpunkt und
verraten sich durch ein regelmässiges Hin- und Herschwanken.
Da aber ein Planet eine sehr viel geringere Masse als der Stern aufweist,
wird dieser nur eine geringe Bewegung zeigen. Liegen die beiden Objekte
günstig bezogen auf die Sichtlinie Erde-Stern (siehe Figur 1), dann
ist es auch möglich, den Dopplereffekt auszunützen und ein solches
Sonne-Planet-System durch das Detektieren der Geschwindigkeitsänderung
des Sterns aufzuspüren. Pegasus 51 hat beispielsweise eine um 60m/s
grössere Geschwindigkeit, wenn er auf uns zukommt und 2.1 Tage später
eine 60m/s kleinere, mit der er von uns zurückweicht. Mit den Gleichungen
der Himmelsmechanik kann man aus diesen Daten auf die Masse des Exoplaneten
und seinen Abstand vom Stern, das heisst auf seine grosse Bahnhalbachse,
schliessen. Dabei zeigen sich beim Planeten Pegasus 51b deutliche Unterschiede
zu allen unseren neun Planeten: Seine Umlaufszeit von 4.2 Tagen ist zwanzig
mal kleiner als die des Merkurs und seine Bahnhalbachse beträgt nur
4% der Bahnhalbachse der Erde. So nahe bei der Sonne findet sich bei uns
kein Planet! Einzig die Masse hat einen vertrauten Wert; Pegasus 51b ist
etwa halb so schwer wie Jupiter.
Von den knapp 2000 bis ins Jahr 2004 untersuchten Systeme kann man 120
ausscheiden, die im oben beschriebenen Sinn jupiterähnliche Planeten
enthalten (mit Umlaufszeiten zwischen 2.5 Tagen und mehreren Jahren und
Massen zwischen 10% bis 2000% der Jupitermasse). Erdähnliche Planeten
lassen sich via Geschwindigkeitsmessung nicht mehr detektieren; eine Exoerde
würde den betreffenden Stern bloss zu einer Geschwindigkeitsänderung
von etwa 8cm/s veranlassen, ein Wert, der ein bis zwei Grössenordnungen
kleiner ist als die durch magnetische Störungen verursachten Fluktuationen
in der Atmosphäre.
Ein anderes Verfahren,
das ebenfalls voraussetzt, dass die Sichtlinie Erde-Stern in etwa parallel
zur Ebene von Exoplanet und Stern liegen muss, beruht auf dem sogenannten
Transit des Planeten, wie Figur 1 zeigt:

Figur 1: Schiebt sich der Planet vor den Stern, führt das zu
einer leichten Verdunkelung
Dabei wird ausgenützt,
dass sich der Planet bei jeder Umdrehung eine gewisse Zeit vor den leuchtenden
Stern stellt und - bei jupiterähnlichem Radius - etwa 1% des bei
uns ankommenden Lichts abschirmt. Diese sogennante Signaltiefe von 0.01
ist gut nachweisbar und entspricht dem Verhältnis von Planeten- zu
Stern-Querschnittsfläche.

Figur 2: Lichtkurve von HD209458 (Umlaufszeit = 3.5 Tage, Radius =
1.4Rjup, Masse = 0.69Mjup )
Einen typischen Transit
eines jupiterähnlichen Exoplaneten zeigt Figur 2. Man sieht deutlich,
dass, kaum tritt der Planet vor den Stern, die Intensität um bis
knapp 2% zurückgeht. Die Verdeckung dauert bloss einige Stunden.
Aus den in der Figur angegebenen Daten errechnet sich eine Planetendichte
von 310kg/m3 (vgl. Wasser: 1000kg/m3 ), woraus man schliessen kann, dass
HD209458b ein Gasplanet wie der Jupiter sein muss. Mittlerweile hat man
den Nachweis derart gut im Griff, dass man aus Intensitätseinbrüchen
in verschiedenen Wellenlängenbereichen auf die Planetenatmosphäre
schliessen kann! So liess sich in der ausgedehnten Atmosphäre von
HD209458b Wasserstoff, Kohlenstoff und Sauerstoff nachweisen.
Die Experimente und Beobachtungen auf diesem Gebiet fördern wohl
noch viele Ueberraschungen zutage. So gibt es Hinweise auf Exoplaneten,
die selber einen Mond besitzen, weil sie durch ihr eigenes Wiggeln bald
zu früh, bals zu spät ihren Transit beginnen oder beenden. Sogar
ein Micro-Lensing-Effekt soll schon festgestellt worden sein: Ein Stern
und der von ihm umkreiste Planet biegen nach Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie
das Licht eines dahinterliegenden Sterns leicht um, und wirken je wie
eine Sammellinse. Die Helligkeitsänderung des abgebildeten Sterns
sollte den Nachweis von Planeten mit Erdmasse erlauben.
In Zukunft werden
die Spektrographen noch besser werden, und man wird noch viele Exoplanetensysteme
kennenlernen. Erdähnliche Planeten erzeugen allerdings nur eine Signaltiefe
von einem zehntausendstel und werden erst mit den geplanten Experimenten
COROT (2006) und Kepler(2007) sicher nachweisbar. Beide Geräte werden
zusammen weit über hunderttausend Sterne untersuchen. Man darf gespannt
sein!
Hansjörg Friedli
Nachtrag:
Einen Vorgeschmack auf die zukünftige Exoplanetensuche war der sensationelle
Fund der Genfer Gruppe um Michel Mayor: Sie publizierten im August 2004
in der Zeitschrift „Astronomy and Astrophysics“ die Entdeckung
eines erdähnlichen Planeten im Sternbild Altar. Der Planet, der den
von Auge sichtbaren Stern µ Arae umkreist, ist „nur“
14 mal schwerer als die Erde, besteht vermutlich aus Stein und gilt als
der bisher leichteste bekannte Exoplanet! (N. Santos. et. al., 2004, A&A,
417, L19)

Michel
Mayor und Peter Fricker bei der Preisübergabe
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